Die Europäische Union sieht sich erstmals seit ihrer Gründung mit einer ernsthaften Existenzbedrohung konfrontiert. Die Flüchtlingsfrage spaltet die Union nachhaltig – sie bedient wieder nationale Ressentiments, Nationalismen, Radikalismen. Und sie zeigt auch auf, wie fragil die politische Union von Europa nach wie vor ist.
Eines der zentralen Einheitsprojekte, das aufgrund seiner Komplexität ein wenig abseits der Öffentlichkeit und damit ausserhalb der Emotionen realisiert wird, ist die Bankenunion. Diese basiert auf dem 3 Säulen Prinzip:
- Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (bereits umgesetzt im Rahmen der EZB)
- Einheitlicher Abwicklungsmechanismus (gerade in Umsetzungsphase)
- Einheitliches Einlagensicherungssystem
Die ersten zwei Säulen sind bereits realisiert bzw mitten in der Umsetzung. Die nationalen Parlamente haben diese EU-Richtlinien bereits in ihrer jeweiligen Gesetzgebung verankert.
Bei der dritten Säule, der Europäischen Einlagensicherung, stellt sich die Thematik schon bedeutend schwieriger dar. Die Europäische Union ist dabei bewusst zunächst den Weg der Harmonisierung der nationalen Einlagensicherungssysteme gegangen. Viele Länder haben bereits eigene Systeme dafür installiert. Allerdings ist die Harmonisierungsrichtlinie bis dato überhaupt erst in 14 der 28 EU Staaten gesetzlich verankert. Es kam daher völlig überraschend und mutet extrem befremdlich und überhastet an, dass im vor dem Sommer veröffentlichten Programm der 5 Präsidenten (EU-Kommission, EU-Parlament, EU-Rat, EZB und Eurogruppe) plötzlich statt der harmonisierten nationalen die vergemeinschaftete europäische Einlagensicherung vehement forciert wird.
Gesellschaftspolitisches Risiko
Unter den aktuellen Bedingungen birgt die Vergemeinschaftung der europäischen Spareinlagen ein enormes politisches Risiko, das eine soziale Dissonanz, Unfrieden und zusätzlich politische Radikalisierung in sich trägt. Die nationalen Sicherungsfonds – und damit de facto die Spareinlagen vieler Millionen Europäer – sollen künftig unter dem Kommando der EU auch für Spareinlagen in den Ländern mit niederem Sicherungsniveau, mit Wackelbanken und wenig leistungsfähigen Staatsfinanzen einstehen müssen. Das bedeutet, dass sich jene Menschen, die über viele Jahre Euro um Euro sparten, um für die Risikofälle ihres Lebens, für ihr Alter, für ihre Pflege oder auch für die Bedürfnisse ihrer Kinder und Enkel vorzusorgen, politisch düpiert und verraten fühlen müssen. Noch härter jedoch trifft es all jene Sparer, die ihre Einlagen vor allem in Österreich und Deutschland bewusst bei Sparkassen oder Genossenschaftsbanken halten, da in diesen Fällen ihre Guthaben durch die bestehenden Institutssicherungssysteme (IPS) weit über die gesetzlichen € 100.000 garantiert sind.
Widersprüchliche Politik
Zumal den Sparern durch die Ultraniedrigzinspolitik der EZB ohnehin kein Vermögensaufbau mehr ermöglicht wird sondern ihnen seit Jahren ein permanenter Substanzverlust ihrer Sparguthaben zugemutet wird. Ein Faktum, das wieder Menschen in Ländern mit ausgeprägter Spartradition und hohen Sparquoten wie in Österreich und Deutschland besonders schmerzhaft trifft. In diesem Zusammenhang sollte man sich jedoch auch fragen, ob die Geldpolitik des Quantitative Easing, die EZB-Präsident Draghi angeblich zur Ankurbelung der Kreditfinanzierung von Realwirtschaft und KMUs betreibt, nicht eher dazu führt, dass stattdessen von den Banken vor allem in Staatsanleihen investiert wird. Und damit eine neuerliche und noch viel engerer Verknüpfung des Schicksals von Staaten und Banken droht.
Das Vertrauen in unsere nationalen Einlagensicherungssysteme ist zu Recht sehr hoch. Und die Einlagen sind ein entscheidender Bestandteil des Geschäftsmodels der regionalen Kundenbanken in Europa.
Als Mitglied des Wirtschafts- und Sozialausschusses der EU werde ich mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass es zu keiner gemeinsamen Europäischen Einlagensicherung kommt, dass die Sparer keine Sorgen haben müssen, zu Rettern säumiger und maroder Staaten und deren Banken von der EU zwangsverpflichtet zu werden. Sie sollen sich auch in Zukunft bei ihren nationalen und Institutseigenen Sicherungssystemen gut aufgehoben fühlen können!